34
Wir brauchten sechs reifenquietschende Minuten, um das Studio zu erreichen. Ellen Leeds’ Bemerkung über »Verzögerung« klang mir in den Ohren, denn jede Sekunde, die verging, bedeutete noch mehr Blut, das aus einer von Jeffs Venen oder Arterien spritzte. Die Horde Streifenwagen, die uns vom Haus hierher gefolgt war, strömte auf dem Parkplatz zusammen, als wir aus dem Fahrzeug stiegen. Autotüren wurden aufgestoßen, und in ihrem Schutz ging ein ganzer Trupp Polizisten in Stellung.
Das Gelände war bereits mit gelbem Band abgesperrt, damit die Presse uns nicht in die Quere kam oder sich selbst in Gefahr brachte. Ein Hubschrauber des Fernsehens über unseren Köpfen machte eine Verständigung so gut wie unmöglich; was mochte dieser Lärm in dem schon jetzt völlig durchgedrehten und labilen Wilbur Durand anrichten?
Die Frustration wurde immer schlimmer. »Wenn der nicht bald verschwindet, schieße ich ihn ab«, schrie ich.
Escobar war sofort bei mir. »Schau, auf wem der landen würde«, rief er zurück.
Einem Haufen Polizisten.
Überall flogen Staub und Unrat herum. Ich schaute mich wie in Zeitlupe um. Ein uniformierter Beamter lag etwa zehn Meter innerhalb der Absperrung am Boden.
»O Gott, schau mal da …«
Er lag auf dem Bauch in einer immer größer werdenden Pfütze seines eigenen Blutes. Seine Waffe lag einen knappen Meter von seinen zuckenden Fingern entfernt, die vergeblich danach griffen. Ein Sanitäter kroch unter dem Absperrband hindurch und versuchte, sich zu dem verletzten Beamten vorzuarbeiten, aber er hatte kaum drei Meter geschafft, als eine Kugel nur wenige Zentimeter von ihm entfernt vom Asphalt abprallte. Jedes Mal wenn ein Sanitäter oder Polizist versuchte, zu dem Verletzten zu gelangen, passierte dasselbe. Aber sie wurden nie getroffen, nur gewarnt.
»Anscheinend schießt er mit Absicht daneben«, sagte Spence hinter der offenen Tür unseres Einsatzwagens hervor.
Wieder duckte sich ein Sanitäter und versuchte, zu dem Verletzten zu gelangen. Diesmal wurde der Schuss direkt auf die Satellitenschüssel eines der Nachrichten-Transporter abgefeuert. Metallsplitter flogen herum und trafen Leute in der näheren Umgebung. Jeder suchte sich eine bessere Deckung.
»Na ja, jetzt wissen wir wenigstens, dass er kein schlechter Schütze ist«, murmelte ich.
Es war ein Traum, ein Albtraum, eine Illusion – alles wirkte völlig irreal. Doch dann zwängte sich die Logik durch den Wahnsinn, und mir kam eine verblüffende Erkenntnis.
Ich stand langsam auf, steckte deutlich sichtbar meine Waffe ins Halfter und ging auf das gelbe Band zu.
Spence streckte die Hand nach mir aus und versuchte, mich zu packen, aber ich war bereits außerhalb seiner Reichweite. Ich hörte Escobar meinen Namen rufen und mir zuschreien, ich solle wieder in Deckung gehen. Seelenruhig drehte ich mich um und sagte: »Er wird mich nicht erschießen. Er fordert mich heraus.«
Die beiden protestierten. Ich verstand die Worte spinnt und verrückt. Noch immer ruhig, antwortete ich auf ihre Proteste. »Er will, dass ich zu ihm komme. Er wird nicht schießen, bevor ich es tue.«
Schritt für Schritt näherte ich mich meinem verletzten Kollegen. Als ich bei ihm war, drehte ich ihn auf die Seite, und er half mir so gut er konnte, indem er sich mit einer Hand hochdrückte. »Was ist mit Ihrem Rücken und Ihrem Genick?«, schrie ich durch den Lärm der Rotorblätter.
»Okay«, sagte er.
»Dann werde ich Sie jetzt von hier wegschleifen. Helfen Sie mir, wenn Sie können, aber wenn nicht, schaffe ich es auch so.«
Er lächelte schwach und nickte. Ich drehte ihn ganz auf den Rücken und packte ihn unter den Armen. Ich stöhnte und zog, er stöhnte ebenfalls und schob mit den Füßen. Eine Blutspur markierte die Route unseres quälend langsamen Kriechens zum gelben Band. Als wir nur noch einen knappen Meter entfernt waren, ging ich um ihn herum und stellte mich zwischen ihn und das Studiogebäude. Zwei andere Polizisten und zwei Sanitäter stürzten herbei; zusammen hoben sie den blutenden jungen Mann auf eine Bahre. Nach wenigen Sekunden raste der Krankenwagen mit eingeschaltetem Blinklicht davon.
Spence und Escobar redeten wütend und erregt auf mich ein.
»Was zum Teufel hast du dir dabei gedacht? Wenn du je wieder so eine Show abziehst, nehmen sie dir dafür deine Marke ab …«
Aber sie irrten sich, das wusste ich genau. Ich war endlich eine freie Frau. Mein größtes berufliches Risiko bestand jetzt darin, dass ich vielleicht zu spät zu der Parade kommen könnte, die man mir zu Ehren abhalten würde. Ich hatte mir meine berufliche Freiheit mit einer Heldentat erkauft, die wahrscheinlich in der ganzen Welt live gesendet wurde.
Ein tiefes Gefühl heiterer Gelassenheit begleitete die Erkenntnis, dass dieser eine Augenblick den Rest meines Lebens bestimmen würde, falls es diesen Rest meines Lebens noch geben sollte. Ich dachte an meine Kinder: Was würden sie ohne mich tun, sollte es so weit kommen? Sie hatten Tanten, Großmütter, Cousins, die sich um sie kümmern konnten – und einen sie abgöttisch liebenden Vater.
Jeffs Vater, das fiel mir jetzt ein, wusste von all dem noch gar nichts. Ich hoffte, dass er noch immer auf dem Revier war.
Dann schaute ich Spence an. Verwirrung, Unruhe und quälende Sorge spiegelten sich auf seinem Gesicht. Er hatte mich noch nie so agierend gesehen. Anscheinend überraschte es ihn, als ich sagte: »Jemand soll Jeffs Vater anrufen und ihn irgendwo hier in die Nähe bringen. Nicht direkt hierher. Er wäre eine zu große Ablenkung. Aber er sollte verfügbar sein, wenn wir Jeff rausbringen.«
»Warum fährst du nicht selbst zurück und holst ihn, Lany? Wir machen hier vor Ort weiter.«
Ich schenkte meinem Kollegen ein trauriges, aber dankbares Lächeln. »Netter Versuch«, sagte ich. »Aber das ist meine Show, das weißt du genau.«
»Lany, nicht. Bitte tu’s nicht.«
Ich trat wieder auf den offenen, von Strahlern erhellten Parkplatz, der das Studio von Angel Films umgab. Parallel zu der Blutspur näherte ich mich dem Gebäude. Als ich durch die Tür trat, schaute ich mich kurz um; Spence und Escobar folgten mir auf derselben Route. Zwei Schüsse knallten, keiner traf. Kurz darauf standen sie neben mir im Empfangsbereich.
»Hast du jemanden losgeschickt, wie ich gesagt habe?« Etwas anderes fiel mir nicht ein.
»Ja«, sagte Spence. Seine Stimme war fast unhörbar.
»Danke.« Ich klopfte ihm auf die Schulter. Dann lächelte ich Escobar an. »Ihr zwei Jungs seid die besten.«
Drei Sekunden lang schnieften und wischten wir.
»Okay, gehen wir’s an.«
Die Tür ins eigentliche Studio war einen Spalt geöffnet, und wir konnten sehen, dass sie nicht gesichert war – wahrscheinlich dachte Durand, es wäre problemloser, wenn wir einfach hineingehen könnten, anstatt das Schloss aufschießen zu müssen. So etwas gibt es sowieso eigentlich nur in Filmen – na ja, meistens auf jeden Fall.. Der Empfangsbereich war verlassen, aber auf einem der Schreibtische brannte eine kleine Lampe; sie gab gerade so viel Licht, dass wir den Raum durchqueren konnten, ohne über etwas zu stolpern. Überall auf dem Boden standen Kisten, wie bei einem bevorstehenden Umzug. Wir arbeiteten uns zur Studiotür vor, stellten uns rechts und links auf und lauschten einen Augenblick. Die Sirenen, Funkgeräte und die Rotorblätter waren wegen der professionellen Schallisolierung hier drinnen kaum zu hören. Ich legte ein Ohr an die Wand, und meine Kollegen taten es mir nach. Zu dritt horchten wir konzentriert.
Ich hörte ein dünnes Wimmern – Jeff vielleicht. Und dann Durands mädchenhafte Stimme: Still, Evan, deine Mutter wird jeden Augenblick hier sein, um dich zu retten, du brauchst also keine Angst mehr zu haben. Das ist alles bald vorüber.
Er hatte Evan gesagt. Nicht Jeff!
»Sehr schlampig, Wilbur«, flüsterte ich.
Ich hatte meinen Glauben schon vor langer Zeit verloren, aber jetzt betete ich so ernsthaft wie noch nie in meinem Leben. Nicht dafür, dass dies bald vorbei sein möge, nicht, dass es nie hätte passieren dürfen, beides Wünsche, die auch der grausamste und eifersüchtigste Gott als vernünftig betrachten würde. Nicht für Freisprechung von meinen Sünden oder für die Chance, mich noch einmal als perfekte Polizistin beweisen zu können; für die Erfüllung dieser beiden Wünsche war nicht genug Zeit.
Stattdessen betete ich für eine ruhige Zielhand und dafür, dass die Kugeln, die aus dem Lauf meiner Waffe schossen, Wilbur Durand in Herz und Stirn und Niere und Leber treffen würden, bis sein Licht für immer ausging. Ich füllte die Lungen mit Luft und bedeutete dann Spence und Escobar, dass ich hineinging.
Wieder trat ich die Tür auf, denn ich brauchte beide Hände für die Waffe. Knapp innerhalb der Tür stand eine große Holzkiste; ich duckte mich hinter sie und sah mich schnell um. Das Licht war unglaublich hell nach der Dunkelheit des Außenbereichs – mit Sicherheit war das von Durand so geplant.
Als meine Augen sich schließlich an die Helligkeit gewöhnt hatten, glaubte ich dreifach zu sehen; drei Jeffs waren auf der einen Seite des Raums in einer Art Halbkreis an drei Pfähle gefesselt. Alle drei hatten Blut auf dem Bauch, und die Eingeweide hingen heraus – o Gott, Eingeweide. Ich konnte nicht erkennen, ob sie echt waren oder nachgemacht.
Und ich konnte nicht unterscheiden, welcher der Jungen wirklich Jeff war. Bei Evan hätte ich es gewusst. Aber es war nicht Evan.
Wilbur Durand stand den dreien gegenüber hinter einer Kamera. Er lachte auf angesichts meiner Verwirrung und sagte: »Das hab ich ziemlich gut gemacht, nicht, Detective Dunbar?«
Ich ignorierte ihn und konzentrierte mich auf das Stöhnen der Jungen, weil ich hoffte, dass die Stimmen mir den richtigen verraten würden. Aber ohne die Vertrautheit von gesprochenen Wörtern war das unmöglich. Noch während ich lauschte, hörte ich die Geräusche von weiteren Personen, die ins Gebäude eindrangen.
»Draußen bleiben«, schrie ich zurück. »Keine Einmischung.«
»Vernünftiger Befehl.« Beim fiesen Klang seiner dünnen Stimme stellten sich mir die Nackenhaare auf. Es klang, als würde er sie extra für diesen Anlass elektronisch verändern.
»Hat Ihnen die kleine Ausstellung gefallen, die ich für Sie zu Hause aufgebaut habe, Detective?«
»Ich war nicht lange genug dort, um sie mir so genau anzusehen.«
»Schade. Das war gute Arbeit, muss ich selber sagen. Eine meiner besten.«
»Vermutlich. Ein paar Augenblicke lang hatte ich mich täuschen lassen. Hatte sich eine ganze Reihe von uns täuschen lassen. Guter Trick mit dem Boy übrigens.«
»Vielen Dank.«
»Aber wie gesagt, ich blieb nicht lange.«
Er schenkte mir das fieseste Lächeln. »Habe ich mir schon gedacht, dass Sie das nicht tun. Nicht, wenn die Hauptattraktion hier stattfindet.«
Ich musste weiter für Ablenkung sorgen, denn dann konnten sich Spence und Escobar vielleicht etwas ausdenken. Mit den beiden würde er sich nicht abgeben – ich war sein Opfer. Angestrengt schaute ich wieder zu den drei Jungen hinüber. Ihre Bewegungen wirkten überhaupt nicht mechanisch; sie sahen alle lebendig aus.
Und dann erkannte ich, dass sie alle lebendig waren! Der Mistkerl – er hatte Schauspieler engagiert.
Aber das konnte ich mir zu Nutze machen; richtigen Menschen konnte man auch richtige Angst einjagen. »Wenn er euch gesagt hat, dass es sich hier um eine Filmszene handelt, hat er gelogen. Das sind echte Waffen, und wir sind richtige Polizisten, und er wird euch allen wirklich die Gedärme rausziehen, bevor er hier fertig ist.«
Zwei der Jungen hoben den Kopf; und dann betrachteten sie mit angsterfüllten Augen ihren Bauch und das, was dort feucht glitzernd hervorquoll. Ich hielt meine Marke in die Höhe – was dumm war, denn wahrscheinlich hatte er ihnen gesagt, dass dies passieren würde. Dann schoss ich in die Decke, eine Lampe zersplitterte, Glas regnete herunter.
Nun fingen die zwei auf der rechten Seite an, sich gegen ihre Fesseln zu wehren.
»Jeff ist der ganz links«, rief ich nach hinten.
Nur er war völlig still.
Ich schaute wieder Durand an und sah auf seinem Gesicht die Erkenntnis, dass er ausgetrickst worden war, dass es Zeit für ihn war, die Trumpfkarte zu ziehen. Wieder sah ich seinen Arm sich heben, die Waffe war direkt auf Jeff gerichtet. Die Bewegung war flüssig und echt und unheimlich glaubhaft. In seiner Hand hatte er eine automatische Waffe – mit einer Garbe würde er alle drei treffen. Wenn er sie schwenkte, würde er auch mich, Spence und Escobar treffen.
Plötzlich stand Spence mit gezogener Waffe auf und schrie: »Hier!« Durand reagierte, ohne nachzudenken, er riss den Arm herum und zielte nun direkt auf Spence. Aber ich war auch bereits aufgesprungen und rief: »Halt, Polizei, lassen Sie sofort Ihre Waffe fallen«, aber nur, weil das gesetzlich vorgeschrieben war, um den Schuss zu legalisieren. Es war eine rein theoretische Übung, ich hatte vor, ihn zu erschießen, ob er aufgab oder nicht.
Dies alles überlegte ich mir in Sekundenbruchteilen – aber Will Durand hatte diese Art von Training nicht. Auch wenn er mit einer Waffe geübt hatte, hatte er doch nicht gelernt, mit einer zu leben, wie wir alle es tun. Er war noch nie mitten in der Nacht aufgewacht und hatte nach der Waffe unter dem Kopfkissen gegriffen, wenn irgendeine Straßenkatze einen Mülleimer umwarf. Er hatte keine blauen Flecken an der Hüfte, wo das Halfter saß, ging deshalb nicht leicht nach links geneigt, um das Gewicht der Waffe auf der rechten Seite auszugleichen. Von Funkgerät, Pager, Marke und Knüppel ganz zu schweigen. Er würde nie eins sein mit der Waffe.
Er fing an zu schreien, wir sollten zurückbleiben, und als Spence und ich weiter auf ihn zugingen, erhob er sich ein wenig aus seinem Kamerasitz. Die Kamera selbst hatte ihn bis jetzt geschützt, und noch immer war sie so groß und sperrig, dass wir keinen vernünftigen Schuss ansetzen konnten.
Doch eine bessere Chance würden wir kaum kriegen. Instinktiv nahm ich die modifizierte Weaver-Haltung ein, beide Hände an der Waffe, die Füße eine Schulterbreite auseinander. Ich setzte einen Fuß knapp vor den anderen, so dass mein Körper sich leicht zur Seite drehte und ein schmaleres Ziel abgab, das, wie unsere Trainer uns immer wieder einschärften, schwerer zu treffen ist.
Doch ich war noch immer ein leichtes Ziel, ob mit Weaver oder ohne. Ich sah eine Reihe von Blitzen aus der Mündung seiner Automatik, bevor ich die Schussgeräusche hörte; dies alles passierte, kurz nachdem ich den Abzug meiner Waffe betätigt und nichts getroffen hatte.
»Seine Schüsse gingen daneben, weit nach links«, schrie Escobar von irgendwo hinter mir. Ich schoss, und die Kugel prallte an der riesigen Kamera ab, aber ich sah, dass Durand zusammenzuckte und sich an die Schulter fasste, er musste also verletzt sein, wahrscheinlich von einem Splitter der Kamera.
Es hielt ihn allerdings keineswegs auf – er hob die Waffe erneut und richtete sie auf die Jungen. Dieses entsetzliche Ratatatat war zu hören und dann Schüsse von hinten und von rechts.
Durands Waffe segelte durch den Raum, Blut spritzte aus seinem Arm. Ich drückte ab und traf Durand noch einmal im selben Arm. Und das war alles – die Schießerei war zu Ende.
Spence stürzte auf Durand zu, und Escobar rannte zu den Jungen, während ich auf die Knie sank. Ich hatte seit Tagen kaum etwas gegessen, aber das Wenige kam jetzt als grüne und bitter schmeckende Galle wieder hoch. Irgendwie schaffte ich es, mein Funkgerät zu finden und hineinzusprechen. Dann rappelte ich mich hoch und lief zu Jeff.
Er sah mich mit unendlichem Entsetzen in den Augen an, aber er lebte, o Gott, er lebte noch, also bestand Hoffnung, dass wir ihn auch lebend hier rausbrachten.
Ich bemühte mich gerade, ihn von seinem Knebel zu befreien, als wir umringt wurden von einem Schwarm Sanitäter mit ihrer Ausrüstung und ihren Tragen und ihrer unermesslichen Kompetenz. Sie fackelten nicht lange und schoben mich einfach beiseite. In diesem Augenblick war ich keine Polizistin, sondern eine Vertraute des Opfers – normalerweise eine leichte bis mittlere Belästigung, in diesem Fall aber eine echte Bedrohung, die nichts tun konnte, außer ihnen bei ihren lebensrettenden Bemühungen im Weg zu stehen.
Spence und Escobar griffen mir buchstäblich unter die Arme und trugen mich nach draußen.
Nun stand ich hilflos abseits, während sie den Jungen bearbeiteten, der – wie lange war das eigentlich her? – an meinem Tisch Spaghetti mit Tomatensoße gegessen hatte. Sehr schnell stellte sich heraus, dass Jeff der einzige der drei Jungen war, der wirklich Verletzungen davongetragen hatte. Aber die beiden anderen standen unter Schock. Einer machte Anstalten aufzustehen, als ich von irgendwo im Hintergrund Freds Stimme hörte.
»Nicht bewegen!«, schrie er. »Wir müssen jedes Fehlverhalten unserer Beamten bei dieser Schießerei ausschließen. Du musst mithelfen.«
Der Junge gehorchte ohne Widerrede.
In schneller Folge blitzten Lichter auf. In meinem Kopf wetteiferte das Klicken von Verschlüssen mit dem Lärm der Rotorblätter. Aus den Augenwinkeln heraus sah ich, wie Jeff, der ganze Körper von Schläuchen übersät, behutsam auf eine Trage gelegt wurde. Er wirkte klein, jung und schrecklich verletzlich. Die Szene verschwamm vor meinen Augen; irgendwann spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Ich drehte mich um und sah Errol Erkinnen vor mir stehen.
»Woher wissen Sie …«
»Es ist in allen Nachrichten«, sagte er. »Ihr Lieutenant hat mich durchgelassen, als ich ankam.«
Ich spürte, wie meine Schultern herabsanken, als die Erschöpfung einsetzte. Irgendwie gab mir seine Anwesenheit die Erlaubnis, zusammenzubrechen. »O Gott, was für eine Schweinerei … was für eine Schweinerei habe ich aus dieser Sache gemacht …«
»Sie brauchen jetzt gar nichts zu sagen«, meinte er. »Im Augenblick brauchen Sie rein gar nichts zu rechtfertigen. Ich bleibe bei Ihnen, bis Sie sich wieder stark genug fühlen, um allein zu sein.«
Seine distanzierte, professionelle Gelassenheit hatte ungefähr dieselbe Wirkung auf mich wie eine Umarmung meiner Mutter. Einen Augenblick lang sank ich in seine stützenden Arme und zitterte einfach. Doch dann riss ich mich wieder los – hier war ein Tatort zu bearbeiten, mein Tatort, und den wollte ich mir nicht wegnehmen lassen.
Die hektische Aktivität um mich herum gab mir die Kraft, die ich brauchte, um mich wieder in die Arbeit zu stürzen. Während ich dem Fotografen eben die Blickwinkel demonstrierte, die ich haben wollte, kam ein Sanitäter und sagte mir, sie seien bereit und würden Jeff jetzt ins Krankenhaus bringen.
Die Frage, die ich eigentlich gar nicht beantwortet haben wollte, stellte sich wie von selbst.
»Noch zu früh, um etwas zu sagen.« Die übliche unverbindliche Antwort. Dann war er verschwunden.
Kurz schaute ich mir das Chaos am Tatort an und fragte mich, wie mir das so hatte außer Kontrolle geraten können. Letztendlich war es unwichtig; eine »Lösung« war nicht erforderlich. Wir wussten alle, was passiert und wer dafür verantwortlich war.
Ich ging zu der Ecke, wo Durand behandelt wurde, und schaute aus einer gewissen Entfernung zu. Dutzende Augen waren auf mich gerichtet; jeder war bereit zuzugreifen, falls ich etwas Dummes tat, aber ich blieb auf Abstand, flehte allerdings die ganze Zeit den Kosmos an, er möge Durand sterben lassen. Ich wollte, dass jemand vorschlug, man solle seine Behandlung einfach abbrechen und ihn vor Ort verbluten lassen. Sein Arm war fast abgerissen, und er kämpfte immer noch. Er schrie wie dieser Mistkerl Scorpio in Dirty Harry, dass er verletzt sei, dass er behandelt werden müsse und dass jemand es besser tun sollte, denn die entsetzliche, brutale Polizei habe ihn verletzt. Als er merkte, dass ich ihn ansah, grinste er mich doch tatsächlich an und machte diese abstoßenden zuckenden Bewegungen mit der Zunge.
Ich sprang. Zehn Hände packten mich. Durand lachte und heulte und schrie gleichzeitig. Ich wehrte mich gegen meine Bewacher, aber sie hielten mich fest.
»Lasst mich los«, kreischte ich. »Ich bringe ihn um, ich puste ihn weg, ich …«
Durand heulte noch lauter. »Sie bedroht mich, sie wird mich noch mehr verletzen …«
Schließlich fand irgendjemand den Schalter für die Deckenbeleuchtung und warf sie unvermittelt an. Der grelle Schein brachte mich zur Besinnung. Plötzlich spürte ich, wie mich jemand auf den Rücksitz eines Streifenwagens schubste. Erkinnen setzte sich neben mich. Ich hörte das Klicken eines Sicherheitsgurts, das Rasseln eines startenden Motors, und dann tauchte ich ab, an irgendeinen flauschigen Ort, wo es das Böse nicht gab und einem Kind nichts passieren konnte. Sie würden den Tatort ohne mich bearbeiten müssen.
Wilbur Durand wurde mit einer Unmenge von Gurten auf eine Bahre geschnallt und unter doppelter Bewachung ins Krankenhaus geschafft. Die Detectives Frazee und Escobar fuhren mit. Ich würde das alles später im Bericht nachlesen müssen, aber vorstellen konnte ich es mir schon jetzt. Spence würde sich über Durand beugen, die Gesichter nur Zentimeter entfernt, und er würde zischen: Du hast das Recht zu schweigen, Arschloch, aber du kannst auch jetzt gleich reden, wenn du willst, mir ist es egal, weil ich deinen verdammten einarmigen Arsch an die Wand nageln werde, egal, was du tust. Escobar würde so tun, als wollte er ihn wegziehen, und sie würden ein kleines Guter-Bulle-Böser-Bulle-Spiel aufführen, weil wir alle überzeugt waren, wenn jemand aus Durand etwas herausbrachte, dann unser Beichtvater.
Und dann im Krankenhaus würde man ihn uns wegnehmen, weil die Ärzte aus medizinischen Gründen den Kontakt einschränken wollten, und dann würde natürlich Sheila Carmichael auftauchen mit einer unendlichen Liste von Gründen, warum wir ihm keine weiteren Fragen mehr stellen dürften. Obwohl Durand stark geblutet hatte, hatte man seine Vitalfunktionen unter Kontrolle bringen können, und er erhielt Infusionen, deshalb ging man davon aus, dass sein Leben nicht unmittelbar bedroht war, wenn auch seine Rückhand nicht mehr dieselbe sein würde wie früher. Doch das war egal – im Gefängnis gibt es keine Tennisplätze, und in der Hölle wahrscheinlich auch nicht.
Er war, das bestätigten alle im Krankenwagen Anwesenden, während der Fahrt ziemlich klar und reagierte auf Frazees Drohungen mit scharfen, vulgären Verwünschungen. Nun brauchte er die Bestie nicht mehr zu verbergen, die in ihm wohnte. Alle Verstellungen und Verkleidungen waren verschwunden, er war der nackte, böse Wilbur Durand, der seine letzten Augenblicke der Freiheit enthusiastisch genoss und sich in allen Details über die Freuden päderastischen Verkehrs und den Kick einer Ausweidung ausließ.
Frazee konnte es kaum erwarten, mir das alles zu erzählen.
»Durand kreischte und schrie, dass seine Schwester ihn wieder herausholen würde und er dann jedes einzelne unserer Kinder finden und ihnen die Eingeweide herauszerren und dann – o Gott. Ich kann gar nicht wiederholen, was er gedroht hat, mit ihnen anzustellen. Nur in seiner Nähe zu sein hat mich krank gemacht.«
Und dann berichtete er mir von dem »Vorfall«, einem, der in den Legendenschatz unserer Abteilung eingehen würde. »Kaum waren wir aus dem Krankenwagen draußen, ging ein Streifenbeamter mit den Fäusten auf Durand los.«
Ich freute mich sehr, das zu hören.
»Aber sie waren zu zweit. Wir können uns nicht erinnern, welcher der beiden ihn schlug.« Keiner der beiden Männer gab in den Berichten, die sie über die Krankenwagenfahrt schrieben, irgendwelche Informationen über die angebliche Prügelei, wenn auch Durand sich wiederholt beklagte, er sei das Opfer von Polizeibrutalität geworden.
Nachdem er stabilisiert war und man ihm den Arm amputiert hatte, wurde Wilbur Durand in ein isoliertes Zimmer verlegt, das speziell für die Unterbringung von gewalttätigen Kriminellen ausgestattet war, und mit zwei Fußfesseln und einer Armfessel an das Metallbett geschnallt. Ohne den rechten Arm konnte nicht einmal ein Mann mit seinen magischen Talenten eine Flucht bewerkstelligen. Zusätzliche Detectives aus unserer Abteilung, die dem Krankenwagen ins Krankenhaus gefolgt waren, assistierten Spence Frazee bei Durands Verhör. Es ging um die Frage, wo die anderen Kinder, die er entführt hatte, sich befanden. Wilbur Durand weigerte sich zu antworten.
Ich fragte mich, wie Moskal sagen konnte, dass Sheila Carmichael in Boston ziemlich unauffällig blieb – sie war einfach gigantisch, als sie auf Los Angeles herabstieß wie ein neuer Johnnie Cochran. Aber in diesem Fall ging es nicht um die Schuld oder Unschuld eines Mannes, dies war bereits entschieden – nein, es würde eine riesige PR-Kampagne sein. Die einzige noch offene Frage, die nach der Strafe, würde ebenso sehr vor dem Gericht der öffentlichen Meinung entschieden werden wie in den Herzen und Seelen von zwölf Durchschnittsbürgern.
Ich fing an, mich über sie zu erkundigen. Es war nicht so frustrierend, über Sheila Carmichael zu recherchieren, wie es bei ihrem Bruder Will Durand gewesen war – es gab zahlreiche Biografien, viele Zitate und Unmengen von Artikeln, die sie für juristische Fachpublikationen geschrieben hatte. Dieser Frau stand Ich will Richterin werden ins Gesicht geschrieben. Vielleicht würde ihres Bruders Vorliebe für die Verstümmelung kleiner Jungs dies vereiteln. Schön wär’s.
In juristischen Kreisen war sie berühmt dafür, Angeklagte zu verteidigen, für die kein vernünftiger Mensch Sympathie aufbringen konnte. Und dies war genau so ein Fall – ihr Bruder war dabei ertappt worden, wie er versuchte, ein Kind umzubringen, nachdem er es zuvor schon vergewaltigt hatte. Er beging einen Teil dieses Verbrechens, während jemand, der diesem Kind nahe stand und zufällig auch altgediente Polizeibeamtin war, hilflos zusehen musste. Die gesamte Tat hatte er aufgenommen, und das Filmmaterial war – juristisch korrekt – als Beweismittel beschlagnahmt worden. Auch die mitfühlendste Jury würde ihn für schuldig befinden, ganz zu schweigen davon, dass die vorausgehende Ermittlung einen ganzen Berg von Indizien ergeben hatte, die alle auf seine Verwicklung in andere Entführungsfälle hindeuteten und die aller Wahrscheinlichkeit nach vor Gericht zugelassen werden würden.
Es war einer der wasserdichtesten Fälle gegen einen Verbrecher, die ich in meiner Karriere als Polizistin je gesehen hatte, und es war durchaus berechtigt, davon auszugehen, dass Wilbur Durand, hätte er nicht eine Schwester, die Anwältin war, wohl kaum einen Verteidiger finden würde, der seinen Fall übernehmen würde. Geld war dabei kein Thema – das eigentliche Problem war das negative Image, das einem anhaftete, wenn man sich mit einem Kriminellen wie Wilbur Durand einließ. Dies wäre so schwer abzustreifen, dass kaum ein ehrbarer Anwalt sich damit besudeln wollte. Weil ich, eine Polizistin, eine mehr als flüchtige Beziehung zu einem der Opfer hatte, hatte ein Anwalt auch berufliche Sanktionen zu befürchten; die Bereitschaft der Polizei zur Zusammenarbeit wäre nicht mehr gewährleistet. Natürlich würde keiner von uns sich vorwagen und dies tatsächlich laut aussprechen – man erwartete von uns, über den Wunsch nach Vergeltung erhaben zu sein. Aber für einen lokalen Anwalt, der Wilbur Durands Fall übernahm, würden bei jedem folgenden Fall Unterlagen schwerer zu bekommen sein, Rückrufe sich verzögern und Indizien sich als unauffindbar erweisen.
Die Verkaufs- und Ausleihzahlen der Videos von Durands Filmen verdreifachten sich über Nacht, als nun ans Tageslicht kam, wie einige der Szenen entstanden waren. Kritiker ließen sich über ihren verstörenden und brillanten Realismus aus. Es war zum Kotzen. Meine Übelkeit wurde noch verstärkt durch die verblüffende PR-Kampagne, die Sheila Carmichael für ihren Bruder lancierte. Alle schmutzigen Details seiner Kindheit wurden in einer Ausführlichkeit in der Öffentlichkeit ausgebreitet, die nicht einmal Kelly McGrath je in den Sinn gekommen wäre. Geschichten über Onkel Sean, den Missbrauch durch seinen Großvater, über den Alkoholismus und die Geistesgestörtheit seiner Mutter. Noch in Kalifornien konnte ich hören, wie in South Boston Hemden zerrissen wurden. Aber alle Beteiligten waren tot, wer sollte also protestieren?
Am Morgen nach seiner Verhaftung wurde Wilbur Durand an seinem Krankenhausbett die Anklageschrift verlesen. Vorgeworfen wurde ihm der versuchte Mord an einem Kind in Tateinheit mit Vergewaltigung – die medizinische Untersuchung ergab, dass bei Jeff Analverkehr vollzogen worden war, bevor ihm die anderen Verletzungen zugefügt wurden – sowie der versuchte Mord an Polizeibeamten in zwei Fällen. Darüber hinaus warf man ihm die Entführung von Nathan Leeds vor und die einer Reihe anderer Jungen, auch wenn deren Leichen noch nicht gefunden werden konnten, und sobald die Indizien analysiert waren, wahrscheinlich auch den Mord an Earl Jackson. Alle, die mit dieser Anklageschrift zu tun hatten, waren übereinstimmend der Meinung, dass genügend andere materielle Beweise vorlagen, um auch ohne diese Indizien fortzufahren.
Ich arbeitete mich durch dies alles hindurch, so gut ich konnte. Meine Tage konnten nicht in »gut« oder »schlecht« eingeteilt werden; mein neuer Maßstab für meine Existenz war »entsetzlich« oder »erträglich«. Einer meiner besseren Tage nach diesem Albtraum war der, als der Anklagevertreter benannt wurde; James Johannsen, der meine Anträge auf Gerichtsbeschlüsse dem Richter vorgelegt und so überzeugend argumentiert hatte, dass sie praktisch genehmigt werden mussten, erhielt die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Wilbur Durand für seine verwerflichen Taten mit der äußersten Strenge des Gesetzes bestraft wurde. Er war ein zäher, hartnäckiger ehemaliger Pflichtverteidiger, dessen Gerechtigkeitsgefühl es ihm unmöglich gemacht hatte, noch länger irgendwelchen Abschaum für unverzeihliche Verbrechen zu verteidigen. Jim war ein durchaus ebenbürtiger Gegner für Sheila Carmichael, die es allerdings auch dann schwer haben würde, wenn der Anklagevertreter eine Niete wäre.
Wie vorauszusehen war, stürzte die Dame sich mit Feuereifer in die Sache. Als Johannsen den Antrag auf Entnahme einer Blutprobe stellte, damit ein DNA-Vergleich vorgenommen werden konnte, reichte sie sofort einen Schriftsatz mit einem Gegenargument ein, das sich fast ausschließlich auf Bürgerrechtsaspekte stützte. Johannsens Antrag wurde schließlich stattgegeben, aber sein Sieg wurde im Presseecho in den Schatten gestellt von Carmichaels Antrag auf eine Kautionsanhörung. Der Richter lauschte stumm, aber mit einem Ausdruck unverhüllten Abscheus auf dem Gesicht ihrem Argument, dass ihr Bruder »starke Verbindungen zur Hollywood-Gemeinde« habe. Johannsen, der wusste, dass eine Kaution völlig ausgeschlossen war, wies darauf hin, dass Durand keine Schwierigkeiten habe, auch Millionenbeträge zu hinterlegen. Die Polizisten, die anwesend waren, erzählten mir, dass seine Schwester, als der Richter ihren Antrag verwarf, einen Wutausbruch bekam, woraufhin der Richter den Saal verließ, so dass sie ihre Klagen und Beschwerden einer leeren Bank vortragen musste.
Der DNA-Test lag schon nach wenigen Tagen vor. Er entsprach der Probe, die man Jeff entnommen hatte. Ich fuhr mit Evan so oft wie möglich zu ihm, aber es war sehr schwer, ihn anzusehen. Die körperlichen Probleme, die er durchzustehen hatte, waren furchtbar. Die seelischen allerdings konnten womöglich noch schlimmer werden. Evan war ihm ein treu sorgender Freund, eine beständige Quelle der Unterstützung. Aber die Belastung forderte ihren Tribut.
»Das hätte ich sein sollen, oder?«
Ich konnte es nicht völlig abstreiten, aber sicher sein konnte ich auch nicht. »Wir wissen es einfach nicht«, sagte ich ihm. »Durand sagt nichts.« Evans Schuldbewusstsein wegen dieser Sache würde sich wahrscheinlich noch eine ganze Weile nicht zeigen, aber Doc Erkinnen hatte mir eingeschärft, auf Symptome zu achten – Verschlossenheit, Gereiztheit, der häufige Wunsch, allein zu sein. Beschäftigung mit makabren Dingen. Also keine Horrorfilme mehr für meinen Sohn; seine eigene Wirklichkeit hatte sie alle übertroffen.
Jeff würde nie mehr Obst essen; sein verkürzter Verdauungstrakt versagte ihm dieses Vergnügen. Für eine Weile würde er eine Infusionsvorrichtung mit sich herumtragen müssen, denn er brauchte die stetige Zufuhr von Antibiotika, deren Zusammensetzung sich regelmäßig änderte, um die Infektionen zu bekämpfen, die zwangsläufig auftreten mussten, da sein Darm der Luft ausgesetzt gewesen war. Man hatte ihm einen knappen Meter herausschneiden müssen, der praktisch vertrocknet war, aber die Eltern hatten den Ärzten gestattet, wenigstens zu versuchen, einen Teil, der noch in einem besseren Zustand war, wiederherzustellen.
Irgendjemandes Kugel hatte seine rechte Niere durchschlagen, und sie war in Fetzen entfernt worden. Er wäre beinahe verblutet;
Hunderte von Polizisten hatten für ihn Blut gespendet. Trotz mehrerer Transfusionen wäre er dennoch beinahe gestorben. Auch wenn er sich wieder so weit erholte, dass er sich normal bewegen konnte, würde er dennoch nie Football oder irgendeinen anderen Sport betreiben können, bei dem auch nur die geringste Gefahr bestand, dass seine verbliebene Niere beschädigt werden könnte.
Irgendwie, und vorwiegend dank Spence und Escobar, ging die Polizeiarbeit, die zum Abschluss des Falls nötig war, zügig voran. Nun waren Gerichtsbeschlüsse leicht zu bekommen. Sie erhielten einen weiteren Durchsuchungsbefehl für das Haus, doch diesmal wussten sie genauer, wonach sie suchten. In einer von Wilbur Durands Wäscheschubladen fanden sie einen einzelnen Knopf.
Von Earl Jacksons Hemd. Sofort wurde die Anklage gegen Durand um Mord in Tateinheit mit Vergewaltigung und Entführung eines Kindes erweitert. Runter mit seinem Kopf.